Freitag, 28. Oktober 2011

Der “one-foot-day”

Im angloamerikanischen Sprachraum hat sich ja bis heute nicht das bei uns übliche metrische System durchgesetzt, stattdessen werden – für uns “Metriker” mehr oder wenig einprägsame - Maßeinheiten wie Zoll (inch), Fuß (foot), Schritt (yard) oder Meile (mile) verwendet. Ein englischer “foot” beträgt 30,48cm (12 inch), was laut Wikipedia einer Schuhgröße von 48,5 entspricht. Offenbar leben die Engländer auf großem Fuß.

Ihr werdet euch jetzt vielleicht fragen, was zum Teufel dieser Exkurs zu englischen Längenangaben in einem Jagdblog zu suchen hat?
Nun ja, beim Auftakt der aktuellen Baujagdsaison am 25.9. in einem Revier, das offenbar dafür prädestiniert ist, uns immer gleich ganze Tage (ich sage nur “Bau der 1.000 Tränen”) und nicht nur ein paar Stunden zu beschäftigen, verbrachten die Protagonisten Stunde um Stunde damit, sich dem Kontrahent micromillimeterweise mit schwerem Werkzeug in noch schwererem Boden anzunähern. Auf die regelmäßig wiederkehrende Frage unseres Ehrengastes (seines Zeichens waschechter englischer Terrierman) wie weit es denn noch bis zum “breakthrough” sei, kam nach einem kurzen Blick auf die aktuelle Messung mit 0,3m immer wieder dieselbe Antwort “it´s just one more foot”. Wie es sein konnte, dass trotz objektiv fortschreitendem Graberfolg der Abstand zum Dachs nicht messbar kleiner wurde, das entzieht sich bis heute unseren Kenntnissen…

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Nach etwa 6 Stunden harter Arbeit und einem Haufen mehr oder weniger angeschlagener Hunde, denen es, wie auch ihren Besitzern mittlerweile allesamt an der nötigen Motivation fehlte, war guter Rat teuer. Als letzter Versuch, das Angefangene doch noch erfolgreich zu Ende zu bringen, wurde ein telefonischer Hilferuf an einen guten Freund abgesetzt, der auch tatsächlich nichts Besseres zu tun hatte, als uns an diesem sonnigen Sonntagnachmittag crocsbeschuhten Fußes mitten im Wienerwald, Dackel und Terrier im Gepäck, zu Hilfe zu eilen. Nachdem die Ressourcen “menschliche Arbeitskraft & Know How”, “hündische Arbeitskraft” und last but not least “Schmäh & Motivation” aufgefrischt waren, ging es tatsächlich wieder besser voran und kurz vor Einbruch der Dunkelheit wurde nach weiteren maßgeblichen Erdbewegungen doch endlich das restliche magische “foot” unterschritten und der Einschlag gemacht. Erlegt werden konnte eine steinalte Dächsin mit fast bis zum Zahnfleisch abgeschliffenen Zähnen.

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Obwohl der bejagte Teil der Dachsburg an sich nicht kompliziert verlaufen war, muss die Röhre und im Speziellen das letzte Stück den Hunden einiges abverlangt haben. Keiner zeigte die Leistung, die wir sonst von ihnen gewöhnt waren. Max, dem bis dato das Dachsjagen wg. der dafür sehr restriktiven Jagdzeiten in D eher verleidet worden war, hat sich jedoch wirklich ins Zeug gelegt und im Vgl. zum ersten Versuch am Dachs im Jänner (demgegenüber er das Verfolgen einer Rotte Sauen quer übers Leithagebirge vorgezogen hat;)) massiv gesteigert.

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Dem Zuschütten des Einschlags und Aufbrechen des Dachses zwecks weiterer Verwertung folgte der obligatorische gemeinsame Schüsseltrieb mit blumiger Aufarbeitung des Geschehenen, um vielleicht für die Zukunft daraus lernen zu können. Danach waren aber alle froh, endlich heimfahren zu können um dort nicht nur sprichwörtlich ihre Wunden zu lecken;)

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Eine neue Saison bricht an

Wo zieht man sinnvoller Weise die Grenze zwischen den Jagdsaisonen? Im Jagdrecht entspricht bei uns ein Jagdjahr einem Kalenderjahr. Die Arbeit mit den Hunden betreffend ist das jedoch weniger praktikabel, man ordnet erinnerungsmäßig eher alles von Herbst bis Frühjahr einer Saison zu und so wollen wir es auch weiterhin handhaben, weil wir uns sonst selbst nicht mehr auskennen würden;)

Heuer wird seit vielen Jahren erstmals einiges grundlegend anders sein als bisher, erstens weil die Besetzung eine neue ist, zweitens weil auch die Schwerpunkte bezügl. Jagdarten anders gesetzt werden. Aus bekannten Gründen haben wir heuer kein gesteigertes Bedürfnis nach 20-30 Riegeljagdeinsätzen wie in den letzten Saisonen, das Nicht-Vorhandensein (oder vielleicht auch nur Nicht-Veröffentlichtwerden?) irgendwelcher Ergebnisse zum Thema Prävalenz des AK-Virus in der heimischen Schwarzwildpopulation zusammen mit dem Verhindern von Prophylaxemaßnahmen (Impfung von Hunden mit Geskypur) trägt dazu maßgeblich bei. So kommt es nicht ungelegen, dass es auch privat bei uns eine Veränderung gegeben hat und der kleine Zweibeiner, der Anfang August hier Einzug gehalten hat, einfach nicht drückjagdkompatibel ist.

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Bei der Bodenjagd sieht die Sache da etwas anders aus, weshalb wir uns heuer nicht nur, aber auch aus rein praktischen Gründen darauf konzentrieren werden.

Der Auftakt der Saison 2011/12 liegt bereits hinter uns, dem legendären “one-foot-day” wollen wir aber einen eigenen Eintrag widmen, den hat er sich nämlich verdient ;o)

Das Leben geht weiter…

So gut die letzte Saison begonnen hat, so tragisch hat sie mittendrin plötzlich geendet. Am 20.11. haben sich Obi und Affi an Schwarzwild mit dem Aujeszky Virus infiziert, 1 Woche später waren beide tot. Wir waren am Boden zerstört und jetzt, fast 1 Jahr danach, schmerzt der Verlust immer noch. Sehr sogar. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die einen an die beiden erinnern und es braucht nicht viel, dass einem wieder die Tränen in die Augen schießen. Aber es nützt nichts - es ist, wie es ist und man kann sich nur daran gewöhnen. Es stimmt zwar, dass die Zeit alle Wunden heilt - aber das geht nicht einmal annähernd so schnell, wie man glauben oder es sich wünschen würde.
Auch Tica hat die Saison nur knapp überlebt, am 7.11. hat sie kurz vor Jagdende mit ein paar anderen Hunden einen wg. einer alten Laufverletzung abgekommenen Keiler gestellt, der sie und einen DJT angenommen hat. Schutzweste sei Dank, konnte das Schlimmste verhindert werden, obwohl einer der anwesenden DJT-Führer angeblich lapidar meinte “der Weiße ist jetzt hin…”, auf die Idee, den verletzten Hund die letzten paar Hundert Meter mitzunehmen, war er jedoch nicht gekommen.

Mehr schlecht als recht haben wir im letzten Winter dann noch 2 Drückjagden absolviert die wir nicht absagen konnten. Das Gefühl in der auf den Schwarzwildkontakt folgenden Woche, wenn sich einer der Hunde gekratzt hat, war bei Gott kein angenehmes... mit Argusaugen hat man die Hunde observiert, leicht paranoid gefürchtet, es könnte schon wieder losgehen...

In schwierigen Zeiten lernt man den wahren Charakter von Menschen kennen und wir “durften” in der Hinsicht die eine oder andere nachhaltig beeindruckende Lektion auf dem Gebiet lernen.
Aber das gilt auch im Positiven! Als großzügiges Geschenk eines Freundes kam Mitte Dezember Max (Rushill Morgan) zu uns, der jagdlich dem guten alten Obi in vielem gleicht, sich aber natürlich in so manchem auch grundlegend von ihm unterscheidet. Den Rest der Saison haben wir uns also auf die Baujagd konzentriert, aber auch da musste man umdenken - ohne Affi und Obi war auch da nichts mehr, wie wir es gewöhnt und von früher verwöhnt waren.

Mit Cally und Max als neue Kräfte unter der Erde haben wir in der letzten Saison insgesamt 7 Dachse gearbeitet und bekommen, außerdem 21 Füchse gearbeitet. Die Statistik zum Thema Reineke ist jedoch ernüchternd und gibt den Engländern recht, die lieber graben als sprengen, denn: von den 21 gearbeiteten Füchsen wurden 9 gegraben, die wir auch bekommen haben. Insgesamt 12 Füchse wurden von den Hunden gesprengt, davon sind jedoch 7 (!!!) entkommen und gerade mal 5 zur Strecke gekommen. Das wirft kein besonders gutes Licht auf die Leistung mancher Schützen, die teilweise auch wirklich unverbesserlich waren und ganze 3 Mal hintereinander – trotz der Bitte, es beim nächsten Mal wenn ein Fuchs springt anders zu handhaben! - dieselben Fehler gemacht haben... zum aus der Haut fahren, denn die Hunde müssen es ausbaden! Andere Schützen hingegen konnten da mit erfreulicheren Quoten aufwarten, denen ein herzliches Dankeschön im Namen der Hunde;)

Nach den Ereignissen letzten November hatte ich ein gewisses Motivationsproblem neue Blogeinträge betreffend, was wahrscheinlich auch gut so war, denn ihnen wäre mit Sicherheit eine etwas depressive Aura angehaftet, was kaum positiv zum Unterhaltungswert beigetragen hätte.
Gestern habe ich mich dann endlich überwinden können und wieder mal einen Blick hier herein geworfen - und was sehe ich? – die meisten Fotos in den älteren Beiträgen sind weg. Sollte mir einmal SEHR langweilig sein, werde ich mir vielleicht die Arbeit antun und alle neu einstellen, bis dahin muss es eben ohne gehen – sorry.

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Gruppenfoto von Obi, seiner Tochter Affi und deren Töchtern Cally, Carry und Arwy nach jener verhängnisvollen Jagd.